INTERNATIONALER GEDENKTAG FÜR VERSTORBENE DROGENGEBRAUCHER*INNEN

 

21. Juli - Zu viele Tote, zu viele Vorurteile

 

Eine Minute des stillen Gedenkens widmen die österreichischen Suchthilfeorganisationen den Menschen, die durch Drogenkonsum verstorben sind. „Die steigende Anzahl macht deutlich, dass weiterhin großer Handlungsbedarf besteht“, so die Vertreter *innen der Organisationen*. Dabei sei wesentlich, Sucht als Erkrankung anzuerkennen, um Prävention und Versorgung zu verbessern und gegen eine Diskriminierung von suchterkrankten Menschen zu wirken.

 

 

Österreichweite Stille

Am 21. Juli um 16:00 Uhr werden Organisationen der Suchthilfe von Bregenz bis Wien mit einer Schweigeminute ihren verstorbenen Klient*innen gedenken. Die gemeinsame Erinnerung soll auf ihr Schicksal aufmerksam machen. „Es geht aber auch darum, politisch und gesellschaftlich die Weichen für eine verbesserte Suchthilfe zu stellen“, wünscht sich etwa Harald Ploder, Leiter des Caritas-Kontaktladens und des Streetwork im Drogenbereich in Graz.

 

Erkrankung, nicht Schwäche

Sucht als Erkrankung sehen und nicht als persönliche Schwäche, ist die Voraussetzung für eine Vielzahl an Maßnahmen, die Menschen mit Suchterkrankung ein menschenwürdiges und langes Leben ermöglichen – frei von Stigmatisierung und Diskriminierung. Dabei gehe es um die Bereitstellung von passgenauen Harm-Reduction-Angeboten, ausreichend medizinischer Versorgung und psychosozialer Begleitung, sowie Angebote die den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben ermöglichen.

 

 

Wichtige Ansätze schon realisiert

In vielen Bundesländern sind bereits entscheidende Ansätze realisiert: So gibt es in einigen Bundesländern die Möglichkeit für Konsument*innen von psychoaktiven Substanzen, Suchtmittelproben auf Inhaltsstoffe und Wirkstoffgehalt analysieren lassen. Das sogenannte Drug Checking/ Substanzanalyse hat sich bereits als wichtiges Instrument für die Reduzierung von Risiken und Schäden erwiesen. „Erfreulich ist, dass mit Oberösterreich und Kärnten bald zwei weitere Bundesländer dazukommen werden!“ sagt dazu Thomas Labacher, Geschäftsfeldleiter Sucht bei pro mente OÖ.

 

Wohnversorgung bis Therapiemöglichkeit

Wie wichtig die unkomplizierte Wohnversorgung von wohnungslosen Suchterkrankten ist, betonen Dominik Ziegler und Matthias Waldhart, Leitungsteam der Notschlafstelle Mentvilla in Innsbruck: „Wir bieten den Menschen nicht nur einen Schlafplatz, sondern auch Verständnis für ihre Situation und spezialisierte Hilfe an”. Niedrigschwellige Anlaufstellen mit Spritzentausch gibt es zumindest in einigen Städten, jedoch kaum in den ländlichen Regionen. Besteht der Wunsch den Drogenkonsum zu beenden, kann man sich an unterschiedliche Therapieeinrichtungen werden, es muss allerdings mit langen Wartezeiten gerechnet werden.

 

Finanzierung und Erreichbarkeit

Die Organisationen fordern zum Gedenktag von den Verantwortlichen in den Ländern und im Bund, bestehende Angebote abzusichern und auszubauen. Es wäre wünschenswert eine flächendeckende Erreichbarkeit zu schaffen die finanziell langfristig abgesichert ist: „Die derzeitige Finanzierung vieler Projekte mit jährlich erneuerten Verträgen schafft Unsicherheit – es braucht eine stabile, nachhaltige Finanzierung“, so die Vertreter*innen der Organisationen unisono. Wichtig sei auch der weitere Ausbau von Angeboten, die an unterschiedlichen Stellen ansetzen:

 

  • Drug Checking: Substanzen auf Inhaltsstoffe und Wirkstoffgehalt analysieren lassen.
  • Take-Home-Naloxon: Verfügbarkeit von Naloxon zur Verhinderung von tödlichen Überdosierungen.
  • Spezialisierte Notschlafstellen: Angepasste Unterkünfte für suchterkrankte Menschen.
  • Safer-Use-Angebote: Maßnahmen zur Risikominimierung beim Konsum.
  • Niedrigschwelliger Zugang zu medizinischer und psychosozialer Versorgung: Einfache Anlaufstellen für Konsumierende.
  • Beschäftigungsangebote: Strukturen zur beruflichen (Re-)Integration.
  • Angebote für pflegebedürftige Menschen mit Suchterkrankung, Anpassung der Pflegeeinrichtungen an die Bedürfnisse suchtkranker Menschen.